Stelle dir einmal vor, du könntest zwar gut sehen, aber überhaupt nichts hören. Wie würde sich das wohl anfühlen? Welche Dinge würden gelingen wie zuvor, was ginge überhaupt nicht?

Das Gehör ist von unseren Sinnen derjenige, der sich am frühesten entwickelt. Schon wenige Wochen nach der Zeugung beginnt das winzige Kind im Mutterleib zu “hören” – oder zumindest Schwingungen zu empfangen und zu verarbeiten. Gut ein halbes Jahr später, wenn es geboren wird, hat es schon seine eigene Klangwelt aus Geräuschen, Tönen, Stimmen und Melodien – ja: Musik! Das Neugeborene erkennt die Lieder, welche die Mutter während der Schwangerschaft gehört oder selbst gesungen hat, und es reagiert darauf ganz ähnlich wie schon in den Monaten zuvor: zum Beispiel wird es ruhig und schläft ein, oder es beginnt zu strampeln und sich zur Musik zu bewegen.

Alles, was klingt, hat eine Wirkung auf das kleine Kind. Aus seiner Warte könnte man deshalb fast sagen: “Die Welt ist Musik!”

Musik besteht und entsteht aus Klängen, und unser allerwichtigstes Organ, um Musik zu erleben, ist das Ohr. Auch wenn die Welt natürlich außer Musik noch aus vielem anderen besteht, so sind wir als hörende Menschen von frühester Existenz an bestens darauf vorbereitet, Musik zu hören, sie zu empfinden, sie selbst zu machen und – sie zu genießen. Musik kann unsere Gefühle ausdrücken oder beeinflussen, sie macht uns ruhig oder regt uns auf, sie weckt Erinnerungen oder begleitet durch schwierige Zeiten oder lässt uns Zugehörigkeit empfinden. Fast jeder kann das bestätigen: Musik ist uns wichtig, selbst wenn wir fest davon überzeugt sind, zu den unmusikalischsten aller Menschen zu gehören.

Mann mit Gitarre

“Es ist nicht erforderlich, Musik zu verstehen. Man braucht sie nur zu genießen.”

Leopold Stokowski

Viele Menschen denken, Musik sei etwas für Könner und Kenner und haben sich schon früh vom Singen oder dem Wunsch verabschiedet, selber ein Instrument zu spielen. So sehr sie ein Konzert oder eine CD genießen können, so wenig halten sie von ihren eigenen Fähigkeiten. Doch da irren sie gewaltig: Musik muss nicht meisterlich gespielt werden, um Freude zu machen! Jedes Volks- oder Kinderlied, Gassenhauer und Tanzlieder beweisen das. Wenn Musik deine Stimmung trifft, wenn es gelingt, dich von ihr tragen oder mitreißen zu lassen, wenn du dich im Spielen Momente lang selbst vergisst, dann ist es egal, wie perfekt oder nicht sie für kritische Geister klingt. Dann ist Musik für dich, was sie schon immer war und immer sein wird: Freude am Einklang mit dir selbst – und mit anderen.

“Je suis d’accord” sagen Franzosen für “ich bin einverstanden”. Zufall, dass es so musikalisch klingt? Wohl kaum. “Akkord” heißt nämlich nicht nur “Harmonie” oder “Zusammenklang”, sondern ursprünglich vor allem “von Herzen”.

Auf diesen Seiten geht es um Musik in ihrer ursprünglichen Art: als Freude am Hören, am Musizieren, am Zusammen-Spiel. Teile unserer Musikalität mögen verschüttet sein, doch man kann sie ohne große Mühe wiederbeleben. Und man kann sie sich zunutze machen, denn mit Musik geht vieles besser als ohne.

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